Jeder hat mal einen schlechten Tag.
Jedem passieren mal seltsame Dinge.
Jeder spielt mal Karten.

Doch Unser Alltag ist das komprimierte 'mal'.
Hey, das ist kein Scherz!
Denn das folgende ist nicht nur wirklich passiert,
Nein, es wird wieder passieren.
Jeden Tag...


- Ein Tag -

Eine wunderschöne, blühende Sommerwiese...
Ein Fass mit kühlem Bier steht darauf...
Die Füße hängen in einen kleinen Bach...
Plitscher, Plätscher, Plitsch...
Irgendwie fühlt das Wasser sich seltsam rauh an...
Platsch, Schmatz, Sabber...

Meister Kafe schlug die Augen auf und sah Dacko, den Hausdrachen, am Fußende des großen Bettes liegen. Er leckte ihm die Füße. Wie er das hasste; vor allem am frühen Morgen! Mit einem kräftigen Tritt beförderte der Meister das kleine Reptil in eine Ecke. Gut. Er drehte sich um und schmiegte sich wieder an Daneelaine, als ihm schlagartig bewusst wurde, dass er heute Unterricht hatte und es ausserdem schon verdammt hell durch die Fensterladen schimmerte. Ruckartig setzte er sich auf, griff nach dem silbernen Ei, das an einer Schnur über dem Bett hing und lauschte: Ein leises Schnarchen.

"Aufwachen, du dreimal verfluchtes Sonderangebot!!"

Er riss das Ei von der Schnur und schüttelte es kräftig durch.

"Aah!! Gnade! Was ist denn?"

"Sag mir sofort die Zeit!"

"Die Zeit?"

"Ja, verdammt, du bist doch ein Zeitdämon, oder nicht?"

"Ja! Das stimmt!"

"... ... Sagst du mir jetzt vielleicht endlich mal die Zeit, oder was wird jetzt?"

"Ah ja! Wir haben.. emm... eine Stunde nach Sonnenaufgang."

"WAAS!? Du solltest mich doch eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang wecken! Statt dessen pennst du hier rum! Ich verlange eine Erklärung!"

"Na ja, ich war gestern abend kurz in den Niederwelten, um den Vollmond mit etwas Weingeist zu begießen, und ich würde jetzt gerne weiterschlafen, weil ich soo einen Kopf hab und..."

"Frechheit!! Na warte, dir helf ich!!"
Kafe zog den Nachttopf unter dem Bett hervor, legte den silbernen Behälter hinein und schüttelte ihn unter lautem Scheppern. Lady Daneelaine fiel vor Schreck aus dem Bett. "Was? Wie? Sind die Grausenheimer Barbaren einmarschiert?" Ihr Blick fiel auf den Meister, der triumphierend in den Nachttopf schrie.

"NA!? WIE GEFÄLLT DIR DAS!? IMMER NOCH KOPFSCHMERZEN?!"
Der kleine Zeitdämon musste sich übergeben.

"Würg!... Gnade! Es kommt nie wieder vor! Es kommt nie wieder vor!!"
Die Lady richtete sich torkelnd neben dem Bett auf und strich sich die zerzausten Haare aus dem Gesicht.

"Hmm?.. Musst Du nicht schon lang weg sein?"

"Aah!! Stimmt ja!"
Er warf den Nachttopf samt Inhalt in eine Ecke und stürzte ins Bad. Dacko jaulte laut, als ihn der Topf traf. Er verzog sich aus dem Schlafgemach. Drei Minuten später war der Zauberer fertig angezogen. Er packte seine Unterlagen und seinen Zauberstab und rannte zur Treppe, die seinen Turm mit dem Rest der Burg verband. Er musste vorsichtig sein, der Turm war ja noch im Bau, dachte er, als er über Dacko fiel und die Treppe hinuntersegelte. Geschickt schlug er einen Salto, führte dann Schmirgels Schnellen Schweber aus um dann halbwegs sanft auf den Füßen zu landen. Das war ja noch mal gutgegangen. Dann trat er nach draußen und fuhr mit seinem Stab eine stromlinienförmige Figur in der Luft nach, um den mächtigen Ka-Dätt zu beschwören. Golden glänzte er, als er sich in der Morgensonne materialisierte. Kafe stieg ein.

"Los! Zum Clüm! Ich habs eilig!"

"Ich fahre erst los, wenn Du 'Bitte' sagst."
Ah, der Fluch der modernen Magie.

Durch ein Tal, über einen Fluss und über einen Berg...

Ein Glockenspiel ertönte. Es war die Melodie von 'Alle Vögel sind schon da'. Nichts rührte sich. Die Apparatur gab nicht auf: Jetzt versuchte sie es mit 'Guten Morgen, liebe Sonne'. Immer noch keine Regung. Na warte... 'Der Hahn kräht in Grausenheim' provozierte endlich eine Reaktion. Etwas regte sich in einem Haufen Decken und Kissen und kroch zur Spieluhr herüber. Drei kräftige Schläge brachten die scheußliche Melodie schließlich zum Verstummen. Das Clüm richtete sich auf und trat den Fensterladen auf, um etwas Licht in die Dämmerung zu lassen. Er bereute es sofort, als die Sonne ihm in die Augen stach. Aiy! Er schleppte sich zum Badezimmer. Abgeschlossen.

"Hallooh?"

"Ich bin nur schnell auf dem Klo, weil ich gedacht hab..."
Das fellige Wesen hörte nicht weiter zu. Es setzte sich auf den Boden und wartete. Und wartete. Und wartete. Und war...

"So, Hoki. Du kannst jetzt rein. Guten Morgen übrigens!"

"hmpflgrmmlmpff!"
Hoki betrat das Bad, schob den Riegel vor und setzte sich erst einmal auf einen Schemel, um sich zu sammeln. Dann ging er zum Wasserbottich und tauchte seine Pfoten in das eiskalte Quellwasser. UaH! Gerade wollte er seinen Kopf hineinstecken, da trommelte es an die Tür.

"Raus da! Ich muss mich jetzt waschen und salben und kämmen und parfümieren und anziehen und überhaupt find ichs doof, dass Du jetzt da drin bist, wo Du doch genau weisst, dass ich IMMER genau um die Zeit ins Bad will. Na ja, dann brauch ich halt länger und Du kannst dann nach dem Essen nicht mehr rein, das hast Du dann davon!"
Das Clüm änderte seinen Plan und fuhr sich nur mit den nassen Pfoten durch sein Fell, um wenigstens halbwegs ordentlich auszusehen. Dann öffnete er seufzend die Tür, um eine wehende Tuchgestalt hineinstürmen zu lassen.

"Hinaus!"

"Du hast aber einen breiten Arsch heut wieder."

"WAAS?! Wo ist der Spiegel? Stimmt das echt? Los, sags! SAX!"
Er lies Maride mit Ihrem Spiegelbild allein und kehrte in seinen Raum
zurück.

"Was sollichn anziehn?"
Sein Blick schweifte über den von Kleidungsstücken, Büchern, Knochen und Waffen übersähten Boden und fand eine fleckenfreie schwarze Stoffhose. Er roch daran: Ja, das war definitiv ein gewaschenes Kleidungsstück. Er zerrte seine bunte Webjacke von ihrem Aufenthaltsort unter einem Rinderschädel hervor, zog dann beide Kleidungsstücke an und wankte laut pfeifend in die Küche. Mawumba wartete dort auf ihn und hielt ihm freudestrahlend einen Pott mit dampfender Flüssigkeit unter die Nase.

"Guck! Ich hab mir gedacht, nachdem Du schon dreimal hintereinander
Minztee zum Frühstüch hattest, mach ich Dir heut mal einen ganz dünnen
Kamilltee, das ist was ganz Feines und überhaupt muss da jetzt mal weng
Abwechslung rein."

"Ich hass dünnen Kamilltee zum Frühstück."

"Ha! Sowas: Da nimmt man Dich auf, zieht Dich groß und dann sowas. Danke, sehr nett. Du kannst Dir Dein Frühstück auch selber machen!"
Sie watschelte beleidigt von dannen. Nun gut, was hatte die Küche heute morgen zu bieten? Eine kaltes halbes Schwein von gestern abend, einige Früchte, Müsli und Käse. Hm. Das war genug. Er setzte sich hin und aß alles. Dann ging er ins Bad und wusch sich. Das hatte er zumindest vor, aber die Tür war - wie immer - abgeschlossen.

"HäHäHääh! Selba schuld! Was musst Du auch so lang im Bad rumtrödeln?" erklang die selbstzufriedene Stimme hinter der Tür. Dann halt nicht. Er packte seine Bücher und ein Messer ein und setzte sich nach draußen in die Kälte, um auf Meister Kafe zu warten. Und zu warten. Und zu warten. Er schlief ein. Gleich darauf schreckte er wieder auf: Der Meister im mächtigen Ka-Dätt raste unter lautem Geschrei in einem gefährlichen Zickzackkurs auf ihn zu.

"WaaaH! Was zum Galotti ist denn die ganze Zeit loos? Warum hüpfst du hier rum wie ein verdammtes Springmulbra?!"

"Der Morgennebel! Er setzt sich an mir fest und will TROPFEN BILDEN!! Das
ist so widerlich. Wäh! Lass ab von mir!"
Das güldene Gefährt machte einen weiteren ruckhaften Sprung. Um ein Haar wäre es auf dem Clüm gelandet, aber das war rechtzeitig nach oben ausgewichen. Es schlug eine Rolle in der Luft und fiel durch die Dachluke auf den Sitz neben dem Meister. Leider war ihm Schmirgels Schneller Schweber nicht geläufig, weswegen sein Gesicht sogleich eine innige Bekanntschaft mit dem Holzboden des Ka-Dätt machte.

"urg..."
Er setzte sich richtig hin.

"Guten Morgen."

"HA! Gut? Los, du Sohn eines alten Kupferkessels! Wir habens immer noch
eilig!"
Der Zauberer gab dem Gefährt die Peitsche und sie brausten los.

Über eine Ebene und einen weiteren dicht bewaldeten Berg... Ein kleiner gekiester Platz, der von einigen Büschen gesäumt wird... Einige Karren und Kutschen stehen darauf, darunter auch eine Kleine Rote, aus deren blechernen Schornstein dünner Rauch hinauskräuselt.

Dies war die Heimat von Topa Harlie, dem Grausenheimer, seit ihn seine Eltern vor die Tür gesetzt hatten. Sein jüngerer Bruder Mackl war daran schuld, da war er ganz sicher. Im Moment kleidete er sich an, schüttete einen Muckefuck hinunter und trat dann nach draußen. Fordo, sein treuer alter Esel stand mampfend am Futtertrog und begrüßte Harlie mit einem deftigen Furz. Der Barbar sah auf die Sonnenuhr. Wo blieben bloß der Meister und das Clüm? Er ging noch einmal zurück in seine Kutsche und lies sich von einer quäkenden Dämonenstimme die Fragen des heutigen Tests abfragen. Etwas später vernahm er endlich die vertrauten Flüche von Kafe sowie ein lautes Scheppern. Er lief über den Kies und nahm dann auf der hinteren Bank des mächtigen Ka-Dätt Platz.

"Guten Morgen!"

"HA!"

"PA!"

"Du hättest uns wenigstens einen Muckefuck aus Deiner neuen Behausung mitbringen können."

"Abba... Ich wohn hier nicht! Ich komme jeden Morgen hergefahren! Ich wohne in der Burg meines Vaters, des mächtigen Pupst von Grausenheim."

Kafe und Hoki sahen sich an.
"Ja, ja."

"So. Setz dich endlich in Bewegung, du abscheuliches Produkt eines
einsamen Riesen und einer engen Kupfermine!!"

"Diese Beleidigungen muss ich mir nicht länger bieten lassen. Ich bin der
mächtige Ka-Dätt. Ich verdiene es, höflich behandelt zu werden!"

"WAAS?! Du verdienst DAS!"
Der Magier gab dem Gefährt mit Grindbals Schlaghammer einen mächtigen Hieb auf die Flanke und sie setzten sich wieder in Bewegung. Das Clüm drehte sich zu dem schmächtigen Barbaren um.

"Was ist das eigentlich für ein Titel, Pupst?"

"Das ist was räligiöses, das verstehst Du ja doch nicht. Die Gläubigen von Kato huldigen immer dem Pupst in Grausenheim. Zumindest sollten sie das..."

Er setzte sich wieder hin.

"Ich habe gestern ein neues Wort von einem Murgogeist gelernt."

"Welches denn?"

"hoka-hoka"

"Und was heisst das jetzt?"

"Das kann ich Dir jetzt nicht sagen, wir haben minderjährige Barbaren
unter uns."

"Hey, ich bin nicht minderjährig! Ich bin ein gemeiner Barbar, ich kann
solche Wörter auch hören."

"Nein."

"Nein."

"Weisst Du schon Das neueste? Penni, der Zwerg, verkauft jetzt auch
Beschwörungskreise. Hat jetz einen im Angebot mit 32 Merga-Herzen."

"Das wird schon son Dung sein, wenns Penni verkauft. Ich kaufe mein Zeug
immer beim professionellen Magiebedarfshändler."

"Ich hab mir letztens von Penni nen Sack Kartoffln gekauft!"

"..."

"..."

"Und, wie läuft der Ausbau eurer Burg?"

"Siehst Du DAS?!"
Er hielt dem Clüm anklagend seine bandagierte Hand vor die Nase.

"Ich habe gestern ein Sägeblatt verzaubert, damit wir schneller sägen können. Aber was macht das undankbare Stück? Es sägt mich in die Hand! Ich hab dann alles voll Blut gespritzt, bis wir zum Dorfheiler gekommen sind."

Mehr oder weniger sinnvoller Tratsch macht die Runde, als das Trio in die Besengrube unweit der Fakultät einfährt.

"Ah... so... Wir stellen den Ka-Dätt gleich hier vorne ab, so wie die sich hier hinstellen, kommen wir sonst gar nicht mehr raus." Sie stiegen aus und der Zauberer zog ihrem Gefährt eins mit dem Magierstab über. "Schlafe!"
Sie griffen sich ihre Sachen und wanderten in Richtung Fakultät. An der Einfahrt zur Grube sahen sie noch einmal zurück, um das erstaunliche Chaos der Kutschen, Reittiere und sonstigen Fortbewegungsmittel zu studieren. Rechts von ihnen versuchte eine junge Frau, eine vier Meter lange Kutsche in eine zwei Meter breite Lücke zu quetschen. Eins musste man ihr lassen: Sie war hartnäckig. Im Zentrum des Platzes hatte sich derweil eine interessante doppelte V-Formation gebildet, das innere V musste dann wohl bis zur Auflösung des Äußeren bestehen bleiben. Kopfschüttelnd liefen sie weiter. "Wie die Verrückten..."

Einige Augenblicke später...

Torkann Bastelmann stand auf den Stufen vor dem großen Eingang und unterhielt sich mit Bier. Zur Erklärung muss hier gesagt werden, dass Bier eine blonde, üppige Schönheit mit einem etwas seltsamen Namen ist. Sie hatte heute einen kurzen Rock und eine durchscheinende schwarze Seidenbluse an. Es war also kaum verwunderlich, dass ein Schmunzeln Bastelmanns Mund umspielte, als er sich zu den drei Neuankömmlingen umdrehte.

"Na? Moschä, Jungs."

"Morgn"

"Moschä?"

"Morrchn"

"Morgen. Oh, schaut mal da rüber, da ist ja wieder die fette Sau. Kootz!"
Bier deutete auf eines ihrer liebsten Lästeropfer: Bombo. Die Bezeichnung 'fette Sau' war hier gar nicht unangemessen, denn Bombo war ein Schwein. Ja, ein richtiges Schwein, mit Rüssel und einem Ringelschwanz, der sich ihm hinten immer aus der Hose kringelte. Aber er hatte fast normale Hände und konnte aufrecht gehen, und hatte damit alle Qualifikationen, die nötig waren, um hier als Schüler durchzugehen. Jetzt fiel ihm seine Brotzeit auf den Boden, und als er sich bückte, um sie wieder aufzuheben, da riss dem armen Schwein die Hose hinten auf.

"AHAHahahaha!! Hiiiih! ....hiiih!... Hiiihhhhh!"
Bier bekam vor Lachen keine Luft mehr und die Gesichtsfarbe der blonden Frau wechselte langsam zu einem ungesunden Violett. Meister Kafe machte sich in Richtung Tür auf. So ein Gegilfe schon am frühen Morgen war bestimmt nicht gut für seine empfindlichen Ohren.

"Oh, Hilfe! Pass auf, dass sie weiteratmet, Torkann. Wir gehn schon mal
rein."

"Yaa, viel zu kalt hier."
Der fellige Kämpfer trottete ihm hinterher. Ein gut ausgestattetes Mädchen fiel ihm auf, das gerade die Treppe hinunterwippte. Fasziniert beobachtete er die komplexen Bewegungsmuster, die ihr praller Hintern dabei beschrieb, als ihm die schwere Eingangstür ins Gesicht fiel. Aiy!

"BUAHAHahahahaah!!...hchiiiiih!.....HiiiiHHhii!....hhhiiihhhhh!"

"Weiteratmen! Los: Ein, Aus... Ein...Und Aus..."

"Na? Was is dänn so lustig heutö?"
Jen-Zen, der Boardamönch hatte sich zu ihnen gesellt. Wie immer trug er seine Kutte und ein gewaltiges Brett mit Metallkanten auf dem Rücken.

"Das Clüm ist gegen die Tür gelaufen."

"Aha."

"HIiiIiiIiIIIIhhhhh!!... ....Hiiiihhhhh! ....Hhhhiiiiiiiiihhh!!"

"Oh, nein. OK: Ein, ...und Aus..."

"Ooaah. Ich geh auch hoch. Bis gleich."
Topa verlies ebenfalls die kleine Gruppe und betrat den Gebäudekomlex durch den großen Vordereingang, über dem in nicht mehr ganz frischen Silberrunen stand: 'Fakultät für Magie und Handel' und kleiner darunter: 'Hausieren verboten, Streuner werden vom Hausmeister versklavt'

Ganz oben im Trakt für Magie. Über ein ringsum laufendes Geländer kann man in einen großen Lichthof hinuntersehen (oder -springen).

Laut debattierend schleppten sich drei Gestalten die letzten Stufen hoch, als ein gefürchtetes Geräusch von einem Stock tiefer zu ihnen heraufschallte.

"ÄhkhäKHÄkhäKhäkHääkMmm!.... Ähämm!... khmm!"
Oh, Nein! Das war Mobbo Mehrstoff, der grausige Zombie, der Pergamentfresser und Runenverschlinger, der schreckliche Züller, die blaue Gefahr!! Panik machte sich breit. Hektisch fuhr der Meister den Umriss einer unsichtbaren Tür nach, durch die er dann verschwand, während das Clüm die Wand hochrannte und sich an der Decke festkrallte. Harlie warf sich unter den Tisch, der vor dem Eingang zu den Latrinen stand und zog sich eine Tüte über den Kopf. Steif torkelte der Untote die Treppe hinauf. Am Ende angelangt, hielt er kurz inne und zog einen kleinen Zettel aus der Paralleldimension seines speckigen Bauchbeutels. 'Dein Name ist Mobbo Mehrstoff.' Ah Ja. Assoh. Es war gut, dass es Zettel gab, denn so blieb mehr Platz für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens wie z.B. Paragraph 2344, Abs13.1 des MagieGesetzBuchs oder zum Auswendiglernen sämtlicher arkanen Wörter des Diesseits und der Niederwelten. Er sah sich mit fiebrigem Blick nach einem Opfer um, aber niemand war zu sehen. Ein Auge ploppte aus der Höhle und rollte über den Fußboden in Richtung Latrine. Selbstverständlich verfolgte Mobbo sein Sehorgan; er bückte sich, indem er einen perfekten 90° Winkel mit der Hüfte beschrieb und hob es auf. Doch halt, da war doch etwas unter diesem Tisch dort! Schnüffelnd und zischelnd näherte er sich Harlies Position. Dieser betete still vor sich hin: 'Bitte, Kato, mach, dass Er weitergeht, ich geh auch am Sonntag in den Tempel.' Der Züller war noch zwei Schritte von Topa entfernt, als seine schimmligen Ohren Geräusche orteten.

"Soo, wir gehn dann mal, nö?"

"Jaa, tschü-üs."

"Habt Ihrs jetzt auf einmal soo eilig? ... Tja, sieht so aus."
Torkann drehte sich um. Und stand Auge in Auge mit der blauen Gefahr.

Der Klassenraum der Abschlussklasse für Handelsmagie.
Drei Personen sind anwesend: Die holde Trolljungfer Evarg Bauchlassnach, Rustika, die Fee und Kessel.

Kessel war ein rothaariger Zwerg. Er besaß einen Helm, den er niemals abnahm, weder zum Schlafen, noch zum Sex oder zum Duschen. In diesem Augenblick schüttelte er seinen Kopf zum Takt einer Musik, die wohl nur er hören konnte. Weitere drei Personen betraten den Raum.

"Puuh, das war knapp."

"Yaa, das hätt mir heut morgen grad noch gefehlt."

"Der arme Bastelmann."

Gerade als sich die Tür schloss, wurde sie wieder aufgestoßen und Düdürk, der Schwarze Ritter, kam hereingestürmt.

"ES hat Bastelmann erwischt. Ey, irchndwann tret ich ner zam; ich bring ner um. Dann rauchts!"

"Das isn Zombie, der is doch schon tot."

"Hm. Stimmt. Also: Los, Karddn raus! Mir sin via Loide."

"OK, wie heisst das Spiel?"

"Hammelbein, wie imma. Blöde Frache."

"Los, Mischling: Misch!"

Hoki lehnte sich zurück.

"Heut hamma ja den Galotti, nn? Ma schaun, obba heute meine Herausforderung zum Fechtkampf annimmt."

"Wohl eher nicht.", bemerkte Ohzahno di Angelo, der gerade hineintänzelte. "Galotti ist tot."

"Waas?"

"Ächd? Hardd!"

"Kacke."

"Wie, tot?"

"Wie wohl? Döpp!"

"Hamma dann a Schtund ea aus?"

"Ja, er hat gestern einen Herzkaschba gekriegt. Habs grad gehört, wo ich reingekommen bin."

"Na ja, jednfalls hab ich a Rufolution!"

"Nei-än!"

"Gibts net!"

"Vergisses!"

"Oh, Mann! Ia könnd ja alle kan Hammlbain! Wennma a driddl sovil Bumbln hat wie wo Lappn, dann is des des höksde!"

"Fresse! Ich spiel jetz nen Lappenstich. Wer kommt raus?"

Langsam trudelte der Rest der Klasse ein, darunter auch der kreidebleiche Torkann und der Zombie in Sandalen. Mit einer seiner fauligen Hände schob er gerade einen Packen Notizzettel in seinen Bauchbeutel, mit der anderen hielt er einen schon lange leeren Milchbären, an dem er noch immer mit aller Kraft züllte. Normalerweise erwachten die Milchbären nach Schulschluss und liefen zurück zum Hausmeister, um dort nachgefüllt und neu verkauft zu werden, doch Dieser hier würde bald nirgenwo mehr hingehen, dafür würde er schon sorgen! Er saugte noch härter, nahm dann das Nudelsieb vom Kopf und setzte sich auf seinen Platz. Kessel richtete nun seine Aufmerksamkeit von der Kakophonie in seinem Kopf auf seinen erklärten Lieblingsfeind. "Mobbo is ne Tuchtel!" krähte er.
Düdürk und sein eben zum Fenster hereingekommener Banknachbar, der Fliegende Finne, lachten dreckig. Der Schwarze Ritter fühlte sich jetzt genötigt, etwas zu dieser höchst intellektuellen Diskussion beizusteuern.

"Na, Mobbo? Bass auf, dass dai Bauch net abfault!"
Die beiden Anderen wieherten. Mehrstoff hoppelte nervös auf seinem Stuhl herum und sah sich gehetzt um. Kessel lies einen fahren.

"Ja, oder dein Schwanz."

"Sowas hat der doch garniccht."
Der bleiche Zombie stand auf. Die Grenze war erreicht. Er machte einen Schritt zur Seite. Nein, doch nicht. Der Stuhl knarzte verdächtig, als er sich wieder setzte und weiter hoppelte. Düdürk hatte inzwischen eine kleine blaue Puppe aus seiner Tasche gekramt und hielt sie stolz hoch.

"HÄhä HÄ hä, das is dea Mobbo-Mann."
Er konnte sich mittlerweile vor Lachen kaum halten. Ja, diese Art von Humor war genau nach seinem Geschmack und auf seinem Niveau. Dem Sandalenzombie wurde es jetzt endgültig zu bunt: Er sprang auf, wirbelte herum, hob dann seinen Arm auf, der dabei abfiel und deutete zitternd auf einen unbestimmten Punkt in der Menge.

"So nicht, Chportsfroint!! Hats Chpas gemacht, mit maijnem Körper zu chpielen? Eins wollte ich oich nämlich chon lange mal sagen, ihr Purchen: Ihr! .... ihr ...Ihr seid alle..." Sein Zeigefinger fiel ab. Sofort bückte er sich danach und zeigte dann damit wieder drohend auf niemand Bestimmten.
"Ihr seid alle..." Er dachte einen Moment lang nach, um dann die schlimmste aller Beleidigungen auszuspein. "...BLÖD!!!"

Damit setzte er sich wieder, rutschte noch dreimal auf dem Stuhl herum, schrieb dann einen Notizzettel und lies diesen in den unendlichen Weiten seines Bauchbeutels verschwinden. Das Publikum zeigte sich indes eher unbeeindruckt.

"Ein Spiel geht noch. Los, müsch!"

Ein kleiner Kaubold, oder besser gesagt: DER kleine Kaubold trippelte zur Tür hinein. In der einen Hand hielt er einen Sack voll Gold, in der Anderen eine riesige Ledertasche. Der Artikel 'Der' war derzeit noch umstritten, denn mit ein wenig gutem Willen konnte man den Kaubold auch als weiblich ansehen. Er sprang auf das Pult und schrie mit seiner hohen Fistelstimme:

"Jetzt aber ganz schnell die Kartn weg, okäij?!"

"Des Schpihl noch feddich..."

"WEG DAMIT! LOS!"
Widerwillig wurden die Karten weggeräumt und der Unterricht begann.

"So, fangen wir gleich mal mit ein paar Fragen an. Was besagt Schorgmars Indifferenzklausel? Ja, Du dahinten!"
Torkann war dem Irrglauben verfallen, eine Frage des Kaubold beantworten zu können und hatte sich gemeldet.

"Dass der Erfüllungsort einer Magieschuld sich an den Leylinien verschieben kann und deshalb nicht exakt sein muss."
Er war stolz auf sich. Der kleine Kaubold jedoch war es nicht.

"WASCHWEIBERGESCHWÄTZ!!! Ich will Fakten, Fakten, FAKTEN!! Wenn ich sage Schorgmars Indifferenzklausel dann müssen da Wörter fallen wie Tünte oder Avalarachmachnach oder die zweite Zeile des 538. Gesetzes der Handelsmagie!! VERDAMMT!! Macht es euch klar, macht es euch klar, und macht es euch nochmal klar, KLAR?!!"
Eine neue Gemeinheit blitzte durch die Neuronen des großen Kaubold-Hirns und er zog eine verschlagene Fratze.

"Wie lautet denn die zweite Zeile des 538. Gesetzes der Handelsmagie?"
Eisiges Schweigen war die Antwort. Eine pfeifende Windbö wehte einige trostlose Papierkugeln über den Boden.

"Das gibts doch nicht. Ihr habt euch doch mal wieder überhaupt nicht vorbereitet, richtig? Wie stellt Ihr euch das denn vor? Wie wollt Ihr denn die Prüfung bestehen, mit dieser Einstellung, hm? Ihr müsst jetzt mal was tun!"

"Is ja noch Zeit..."
Mit dieser Bemerkung hatte der Finne eindeutig einen Fehler gemacht.

"WaaS?! NOCH ZEIT?! Hast Du denn schon Deine Äkks-zärpte fertig gemacht? Nein? Gut, dann werde ich sie mal benoten, okäiijj? ...So, wer beantwortet jetzt die Frage? Wer weiss es?"
Stille. Jeder versuchte, unauffällig zu sein. Dem Schwarzen Ritter schien es
weniger gut gelungen zu sein, denn mit einem überlegenen Grinsen deutete der kleine Gnom nun auf ihn.

"Düdürk!"

"Wie war nochamal die Frache?"

"Wie lautet die zweite Zeile des 538. Gesetzes der Handelsmagie?"

"Die zweite Zeile? Jaaa... die zweite Zeile des 538. Gesetzes der
Handelsmagie, die gehd soo... Und zwahr:..."
Es war offensichtlich, dass er versuchte, auf Zeit zu spielen, doch leider war die Zeit hier nicht auf seiner Seite, hatte die Stunde doch eben erst begonnen.

"Naa?"
Zu seiner großen Erleichterung stürmte in diesem Moment Al Serd zur Tür hinein, wie immer pünktlich 8 Minuten nach Unterrichtsbeginn, und erlöste ihn damit.

"Wo kommst Du denn jetzt her?"

"Na ja... Meine Kamel hat auf dem Weg hierher eins Rad verloren."

"Ha! Kamele haben doch gar keine Räder."

"Ähmm... Mein schon."

"Hinsetzen und maulhalten!"

"Habt Ihr mein Arbeit korrogiert schon?"

"Ja."

"Und?"

"Durchgefallen."

"Was? Abba... Des ferschteh ich net, weisch. Warumm habt Ihr dann mich
überhaupt nachschreiben lassen?"

"DU PICKLIGER SOHN EINES WÜSTENWURMS!!! AMÖBENHIRN!! NIE WIEDER KRIEGST DU EINE ZWEITE CHANCE BEI MIR!!! FURZGESICHT!!! WICHSER!!! KA-KLÄSSLER!!!!"

...
Unermüdlich kreischte der Kaubold Al Serd Beleidigung um Beleidigung entgegen, und er hatte sogar teilweise recht, fand der Rest, als er sich am Tisch vor den Latrinen zum Kartenspielen versammelte.

Die nächste Stunde: Religion. Jedenfalls für die Kato-Gläubigen. Die
anderen - etwa genausoviel - wurden zur LondonTower gesperrt (Ja, 'zur', nicht 'in den'), einer alten Hexe, deren Ziele nebulös und verworren waren, jedoch in jedem Fall böse. Heute stand ein Test für beide Gruppen an. Das Clüm setzte sich neben Bastelmann.

"Na, fit?"

"Kloar, was willse denn scho groß fragn?"
In diesem Moment rannte LondonTower ins Zimmer, legte einige Folterwerkzeuge auf das Pult und rannte wieder hinaus. Fünf Sekunden später erschien sie wieder mit einer ausgeweideten Eidechse in der einen, und einem Stoss Pergamentrollen in der anderen Kralle. Das schreckliche Weib spurtete zur Tafel und schrieb groß 'Test! Zeit: 14 Minuten'. Dann raste sie durch die Klasse und legte jedem Schüler zwei Pergamente hin. Sie war vor einiger Zeit einem ihrer eigenen Flüche zum Opfer gefallen und konnte seitdem nur zwischen 2 Geschwindigkeiten wählen: stehen und mit aller Kraft rennen. Nun erreichte sie mit Letzterer ihren Stuhl vorn an der Tafel und geiferte das Pult voll.

"Auf der einen Rolle sind die Testfragen drauf, die Andere ist eine Broschüre, die Ihr verwenden dürft. ...Nein! Müsst! Häh! Häh! Häh!"
Sie fraß die Echse und entlüftete dann mit einem bösen Grinsen ihren Dickdarm. Hoki nahm eine der Schriftrollen zur Hand und rollte sie auf. Eine mehrseitige Broschüre mit dem Titel 'Gleichberächtigung' lag vor ihm. Er las die ersten Zeilen: 'Es reichet noch lange nicht, dass Frauen heute die gleichen Rechte habigen wie Männer. Nein, der Mann musse aktiv daran arbeiten, sich zurück in seine Rolle als Diener und Sklave zu begebigen, so wie es die natürlichige Ordnung isset.' Er warf die Schrift fort und widmete sich den Fragen des Tests.

'Test!! Zeit: 14 Minuten Gesamtpunkte: 11'

'I. Gebet es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen? Antwort: NEIN!! Punkte: 4'
Was hatte die ruchlose alte Hexe vor? Die totale Angleichung der Geschlechter? Sein Rückenfell sträubte sich, als er sich unwillkürlich Bier mit Schniedel vorstellte. Er schrieb: 'JA'. Hm. Irgendwie nicht deutlich genug. Er malte ein Ausrufezeichen dahinter. Hm. Lieber noch drei. Ja, das war besser. Niemals würde er Ihre schändlichen Pläne unterstützen! Auf zur nächsten Frage.

'II. Warum sind Frauen besser als Männer?(4 Gründe) Punkte: 4'
Tjaaa....Ah! Jetzt fiel ihm etwas ein.

'1. Sie sehen besser aus.'

'2. Sie haben Kawoongas.'
Grg. Jetzt wurde es schon schwieriger.

'3. Frauen können Dreck besser sehen.'

'4. Sie riechen besser.'
Nicht so hitmäßig, aber vielleicht fiel ihm ja später noch was besseres ein.

'III. Nennige drei berühmte(!) weibliche(!!!!!) Persönlichkeiten. 3 Punkte'
Knifflig. Er sah auf Torkanns Blatt. Aha!

'1. Jehutra die Schreckliche'

'2. ' Arg! Mehr war Bastelmann nicht eingefallen. Hm. Einfach mal auf Glück ein paar Namen ausdenken, das war besser als ein leeres Blatt.

'2. Badombia die Überfette'

'3. Ludhelis, Lady von ' ... ... 'Humpldigumpl'
So. Sollte sie doch erstmal beweisen, dass das KEINE berühmten Frauen waren. Immerhin waren sie ihm auf Anhieb eingefallen. Er legte sein Pergament vorn aufs Pult und ließ seinen Banknachbarn leise fluchend zurück. Draußen lehnte er sich an das Geländer und sah nachdenklich den Sklaven des Hausmeisters beim Putzen zu. Zum Glück für alle war LondonTower nicht sonderlich helle, nicht auszudenken, wenn ihre grausigen Pläne Realität würden. Bis jetzt jedoch konnte der weise Joghurt sie noch jedesmal aufhalten.

Die nächsten Stunden waren wie aus dem Gedächtnis gelöscht, denn Der Meister des Schlafs, der große Betäubock, legte eine Glanzleistung hin: "Hmm... Sollicheuch die Bledda austeiln odda sollichse glaich dem Waschbeckn zu fressn gebn?" Nach diesem ersten Satz war jeder Anwesende tief eingeschlafen. Eine friedliche Ruhe lag für den Rest des Unterichts über dem Klassenzimmer. Nur das Waschbecken rülpste ein lautes "GURPS!", nachdem es fröhlich gurgelnd die saugfähigen Pergamente verschlungen hatte.

Das große Fakultätsgebäude schimmert in der Mittagssonne. Nichts rührt sich, bis auf einige Bäume, die leise Schnick-Schnack-Schnuck spielen.

Die dicke Schulglocke nahm den Prügel zur Hand und schlug sich einige Male feste damit auf den Bauch. Die Tore des Haupteinganges öffneten sich, um eine Flut von schwatzenden Wesen aller Art hinausströmen zu lassen. Darunter befanden sich auch eineinhalb Dutzend, die sich schlaftrunken von der Menge mitziehen ließen. Das Clüm gähnte herzhaft, als der Strom von den Türen abflaute.

"Uaarrrh... Kann sich noch jemand an die Stunde erinnern?"

"Nein."

"..Häh?... Was?"

"Könnt ihr mich n Stück mitnehmen? Muss noch was einkaufen"

"Nein! Dich net! ...Gschmarri, war nur Spaß. Kannst mitfahren, Torkann."

"ÄKHÄkhäähähäkämm!!"

"AAH!!"

"UAH!!"

"WAH!!"

"HAH!!"
Der Pergamentfresser war urplötzlich hinter dem Quartett aufgetaucht und schien etwas zu wollen. Vier bleiche Gesichter starrten ihn an, in Erwartung des Horrors, der jetzt kommen musste. Doch Mehrstoff sagte nichts, er setzte nur sein Nudelsieb auf. Dann senkte er den Kopf und rannte gegen Bastelmanns Tasche. Und nochmal. Und nochmal. Es schien, als wolle er gar nicht mehr aufhören.
"Was macht er da?"

"Keine Ahnung, aber er soll aufhören. Da is noch Obst drin."

"Emm... Mobbo? Da hinten steht ne total holde Jungfer und zeigt ihre Titten!"
Und nocheinmal.

"Du machst das falsch. Hey, Mobbo! Da hinten steht jemand mit mindestens fumpf Schriftrollen mit thaumaturgischen Berechnungen drauf!"
Und...weg war er.
Schulterzuckend brachen Topa Harlie, Bastelmann, der Meister und das Clüm zur Besengrube auf, um den mächtigen Ka-Dätt zu besteigen und rechtzeitig für ein gutes Mittagessen daheim zu sein. Nun, zumindest war das der Plan.

Die Lehm- und Schlammfläche der Besengrube...
Das V ist immer noch da und es hat Gesellschaft: Mehrere U's und I's und ein kleines O, um das vier ratlose Köpfe stehen.

Das goldene Gefährt des Meisters war von allen Seiten umstellt. Doch man konnte genau erkennen, wer als letztes dazugekommen war und damit den Ausgang geschlossen hatte: Eine große, scheußlich grünblaue Kutsche mit einer Plakette die besagte, dass diese Kutsche dem Ante Tünte von Emässpe
gehörte.

"Scheiße! Was jetzt?"

"Versuchen wir mal, sie rumzuheben."

"Eins...Zwei... HARRR!!"

"Verdammt! Viel zu schwer."

"Wir könnten zurückgehen und fragen, wer diese Ante-Tuchtel ist."

"Das bringt nichts. Weißt du, wie groß das Fakultätsgelände ist? Ausserdem stellen sich hier sogar Leute von der Kochgilde hin."

"Ich habs! Wir rufen die Stadtwache!"

"TA! Die Stadtwache? Die verlangt schon fürs Furzen Geld."

"Kennt jemand Muggels Stemmhebel? Dann könnten wir sie umschmeissen!"

"Nein."

"Hö?"

"..."

"Ich könnte die Scheiben einschlagen, reinklettern und die Bremsen losmachen und dann kamman sie wegschiebn!"

"Nein, Clüm!"

"Viel zu millidand."

"Abber ich hab Hunger, verdammt!"

"Na gut, sagen wir, das ist Plan Z. Und wir sind jetzt am Überlegen, was Plan A ist."

"Bleibt uns wohl nichts übrig, als zu warten. Gehn wir zurück und spieln halt weng Kartn, vier Leute simma ja."

"RRAAAAH!!! NAIN!! ICH WILL JÄTZ ÄSSÄN!! ICH HAU JÄTZ DIE SCHEISS KUTSCHE KABUDD!!"
Eine kleine Demonstration von Grindbals Schlaghammer wirkte beruhigender als ein ganzer Strauch Baldrian auf das Clüm und sie liefen zurück, um die Karten zu holen und zu warten. Torkann kickte missmutig einen kleinen Stein, der auch nichts dafür konnte.

"Son Scheiss! Jetzt müssts nur noch regnen."

Kleine Tropfen fielen vom Himmel.

"Na jaa.. Regen und Sonne, da gibts doch immer nen Regenbogen."

Kein Regenbogen zu sehen. Nicht heute.

"Wenigstens sinds nur kleine Tropfen..."

Der Himmel verdunkelte sich und der Regen fiel nun in fingerdicken Schnüren.

"Wenigstens..."

"HALT ENDLICH DEIN MAUL!!!"
Einige Augenblicke später im Lichthof des Traktes für Magie.
Der Lichthof ist jetzt eher dunkel und man kann den Regen aufs Dach prasseln hören.
Vier düster dreinblickende Gestalten sitzen an einem der Tische und karteln.

"Ich bin weg. Mann, son Arsch. Man sollte ihm die Räder lockern."

"Auch weg. Ja, oder einen Hurdram-Dämonen hinterherhetzen."

"Wir sollten seine Hütte niederbrennen, seine Frauen schänden und sein Gold stehlen, jawohl! Und ich bin auch weg."
Das Clüm rieb sich den Schädel.

"Du liest zu viele Barbarenhandbücher. Warum lasst ihr mich dann nicht die Scheiben einschlagn? Was ihr da sagt, is doch viel schlimma!"

"Des kannste doch net machen. Und wir meinens auch nicht alles ernst. Wir können uns ja mal rächen, aber so, dass keiner an uns denkt."

"Wir könnten doch auch an seiner Kutsche warten, und wenn er dann kommt, dann spießen wir ihn auf und grillen ihn und Torkann hat noch nen Apfel, den stecken wir ihm..."

"Nein."

"Nein."

"Nein."

"Wer spielt denn jetzt?"

"Ich! Ich spiel nen Schlonz!"

Geschlagene zwei Stunden später...

Die große Glocke ergriff ein weiteres Mal den Prügel und schlug die Stunde auf ihrem Bauch. Ein weiterer Schwall von Schülern ergoss sich über die breite Treppe. Ein weiteres Mal liefen die Vier hinüber zur Besengrube. Doch Ante Tünte von Emässpe war nicht da. Er kam auch nicht. Hoki zog sein Messer und näherte sich seinem widerlich grünblauen Feind. Just in diesem Moment führte eine kleine brünette Frau zwei dicke Ponies an eine der anderen Kutschen.

"Oh! Müsst ihr etwa wegen mir warten? Ich hab doch extra noch mal nachgesehen, ob auch alle rauskommen."

"Nein. Wir müssen wegen Tuchtel-Ante warten. Aber Du hast Dich auch verflucht dämlich hingestellt, Du stinkendes Stück Dünnschiss einer Harpye!"

"Aber ich..."

"FAHR WÄG JÄTZ!! ICH HAB HUNGER!! ICH FRESS GLEICH DEINE FETTEN PONIES!!"

"Ich mach ja schon..."

Zwei Minuten nach dieser netten Unterhaltung...

Meister Kafe schlug drei Mal wütend auf den mächtigen Ka-Dätt ein.

"Erwache! ... Los, wach auf, du wertlose Schmiedearbeit eines besoffenen Trolls! AUFWACHEN!!"

"Jajajaja, bin ja schon wach."

"Los! Bring uns so schnell du kannst heim! Nein! Noch schneller! Und am Stadttor machst Du mal kurz langsamer, damit wir Bastelmann rauswerfen können, kapiert?"

"Ja, Meister."

Der Ka-Dätt hatte seine Lektion diesen Morgen gelernt.

"Hey, ich will gar nicht zum Stadttor!"

"Fresse!"

Anscheinend war heute ein Festtag oder etwas vergleichbares in der Stadt, denn alles war voller Menschen... und Zwerge ...und Trolle ...und sonstiges Viehzeug. Ein gebückt laufendes Mütterchen überquerte vor ihnen in der Geschwindigkeit einer toten Nacktschnecke die Hauptverkehrsader.

"Spinnt die?"

"Los, mach sie platt!"

"Nein, wir fahren aussenherum."

"Aber dann lernt sie es nie!"

"..."

"..."

"..."

Das Clüm wackelte auf einmal mit einer wohlbekannten Plakette vor seiner Stirn herum.

"Höij! Öch bönn därr Onte Tönte vonn Ömmösspö!"

"Wo kommt das denn jetzt her?"

"Habbich abgerissen."

"Und warum?"

"Die Runen da drauf sind aus Gold, Mann! Ausserdem kann ich damit immer sagen, dass ich Antetante bin."

"Hier muss ich raus! Ich will nicht bis zum Stadttor mitfahren!"

"Harlie? Würdest Du bitte..."

"Jap. Tschoss, Torkann."
Topa Harlie öffnete die Tür und kickte einen verdutzten Bastelmann hinaus auf die Pflastersteine, wo er sich ein paar Mal überschlug, um dann mit verträumtem Gesicht den Strassendreck zu küssen.

"Lebt er noch?"

"Jaja, das hält der aus."

"Was für ein Tag. Daheim lege ich mich gleich hin, das wird heute sowieso nichts Richtiges mehr."

Die Casa de Clüm, eine halbe Stunde später...
Es gießt immer noch in Strömen...

"Also, Tschoss, bis morgen. Leg Dich lieber auch gleich hin."

"Hm. Ma schaun. Tschoss!"

Hoki betrat seine Casa und stiefelte - soweit man das sagen kann, denn er trug nie Schuhe - direkt in die Küche, in Erwartung eines üppigen Mals. Natürlich bekam er das nicht. Nicht heute.
Mawumba watschelte mit einem gar grausig gemusterten Stoff an ihm vorbei auf die Vorhänge zu.

"Halloo. Na? Wie wars?"

"Grrrrr.... Kacke!"

"Erzähl doch mal!"

"Nein. Ich hab Hunger! Ich will essen! Wo ist mein Essen?"

"Ich hab mir gedacht, wir essen erst heut abend, wenn Maride heimkehrt. Kannst ja solang einen Joghurt essen."
Na toll. Seine kräftigen Pfoten sammelten sämtliche kalt genießbare Dinge zusammen und häuften sie auf dem Esstisch. Dann griff er den Wasserbottich, mit der Absicht ihn daneben zu stellen, doch Mawumba klammerte sich daran fest.

"Oh, BITTE! Den Wasserbottich kannst Du doch nicht auf den Tisch stellen, das ist ja wie wenn in der Wirtschaft, wenn man Milch trinken will, ne Kuh auf den Tisch gestellt wird."

"...???... Aber ich will was trinken!"

"Ta! Lieber gieß ich Dir jeden Becher einzeln ein."

Auch gut. Er setzte sich und fing an zu essen.

"Was willst Du denn mit dem Stoff?"

"Der hier? Schön, gell? Der kommt jetzt statt der ekligen dunkelgrünen Vorhänge hin, ich komm mir ja hier vor wie in einem Eisberg. Ausserdem muss da jetzt mal weng Abwechslung rein."
Sein Blick streifte kurz die chaotischen Muster auf dem Stoff, die sich zu winden schienen wie fette bunte Würmer. Dann wanderte er schnell weiter, um bleibende Sehschäden zu vermeiden.
"Die sin ja hässlich."

"Ha! Wart doch erstmal, bis Du es gesehen hast, wenns fertig ist. Dann gefällts Dir nämlich!"
Das war bis jetzt noch nie so gewesen, und würde es wohl auch diesmal nicht sein, aber Diskussionen in ihrem jetzigen Zustand der Änderungswut würden nicht fruchten. Später würde sie es einsehen. Hoki griff nach der Buscasoße, um einen Trockenfisch damit zu verzieren, doch die Flasche war schon fort. Die dicke kleine Frau mit den schwarzen Haaren, die einer Matratzenfüllung glichen, schob sie gerade ins Regal zurück und fingerte schon nach dem nächsten Stück des eher kargen Nachmittagsessen des Clüm.

"Kann ich das wegräumen? Das brauchst Du auch nicht mehr, oder?"

"RRRAAAH!! RAUS HIER!! Und lass mein Essen da!"

"Also das finde ich ungerecht, Du bist soo gemein und überhaupt..."

Er schob sie zur Tür hinaus und warf dann einen Blick auf den Kalender. Waren es etwa schon wieder Diese Tage im Mondzyklus? Oh, nein...

Die Burg des Meisters und der Lady.
Durch den Vorhang aus Nebel rollt ein rundes, goldenes Etwas in den Burghof.

Meister Kafe schlug dem Ka-Dätt auf die stellenweise schon grünliche Kupferhaut.

"Verschwinde in die Hölle, aus der Du gekrochen bist!"
Das Fahrzeug löste sich langsam auf und verschwand, während der Meister über den Hof trabte, um den Eingang zum Turm zu erreichen. Ein Zettel hing dort.

'Hallo, Schatz, bin bei der Comtesse. Gekocht habe ich nicht.'
Natürlich nicht! Nicht heute.
Er schleppte sich die Stufen hinauf und bog dann nach rechts in die Küche ab. Ihre Ladyschaft hatte dort einen weiteren Zettel positioniert.

'Du musst Dacko füttern.'
Mit hängenden Schultern schlurfte er zu einem der Schränke und entnahm ihm einen Sack Drachenfutter. Oh, eins von Penni's berüchtigten Sonderangeboten. Mal sehen...

'Penni's läckeres Drachenfutter für glänzende Schuppen. Zwei Sorten Kohle mit frischen Katzen. Sonderangebot!!'
Der Zauberer öffnete den Sack und lugte neugierig hinein. Auf einmal fuhr eine Furie mit riesigen Augen und mindestens zehn Gliedmaßen mit scharfen Krallen aus den Kohlen auf und sprang ihm ins Gesicht, wo sie ein bemerkenswertes blutiges Strichmuster hinterlies. Danach sprang sie in eine Ecke und fauchte bedrohlich. Frische Katzen! Ha! Verdammte Sonderangebote bei Penni. Der schlanke Magier ergriff den Schürhaken und näherte sich der Katze ganz langsam und mit einem vertrauenerweckenden Lächeln.

"Miez, miez, miez! Komm, Kätzchen! Keine Angst, niemand tut Dir was. Der Liebe Onkel Kafe hat hier was ganz Feines für Dich."
Das feline Fellbündel entspannte sich und machte einen vorsichtigen Schritt auf diesen seltsamen Menschen zu. Leider nicht vorsichtig genug, denn jetzt trafen vier Pfund hochbeschleunigtes Gußeisen mit Ihrem Kopf zusammen.
Das fast melodische 'Ploinnggg' des Hakens verklang. Prophylaktisch bekam der Futtersack auch noch ein paar Schläge, dann füllte Kafe die angesengte Schüssel seines Hausdrachen mit der Kohle und der Katze.
Jetzt ins Bett. Aaah. Er packte das Kissen, um es etwas aufzubauschen, als ihm ein Gestank in die Nase stieg, der entfernt an alchimistische Experimente erinnerte.

"AAH!! Dacko! Du stinkende alte Handtasche! Wie oft soll ich Dir noch sagen, dass Du nicht IN MEIN BETT SCHEISSEN SOLLST?"
Dacko wurde aus seinem Schlaf gerissen, denn eine Hand packte ihn am Hals und tunkte seine Schnauze in den gelbgrünen Haufen auf dem Kissen, welcher dort schon starken Lochfraß hervorrief.

"Merk Dir das ein- für allemal!!"
Und wieder hinein.

"Du sollst..."
Nocheinmal.

"...nicht..."
Und nochmal.
"...INS BETT KACKEN!!!"
Mit einer Drehbewegung tunkte der Meister den Kopf seines Haustiers ein letztes Mal hinein und warf dann den Drachen mitsamt dem Kissen aus dem Fenster.
So. Endlich Ruhe. Wie war der Traum heute morgen nochmal?

Aus dem Fenster hinaus und hoch in die Luft, bis des Meisters Burg nur noch ein winziger Klecks auf dem Hang ist.
Ein kleiner Schwenk.
Einige Häuser, darunter auch ein Rot-Weisses.
Zooom.
Ein breites Fenster, aus dem eigenartige Fauchgeräusche dringen.

Das Clüm sprang wild knurrend und zischend im Raum herum und zerhäckselte einen imaginären Gegner mit zwei langen Messern.

"Ha! RRRrrAh! Hiiiiiyaow! chhh! grrrrrr... GYAR!!"
Ein reißendes Geräusch ertönte, dicht gefolgt von einem langen, abflauenden Zischen. Ah! Nein! Entsetzt betrachtete Hoki seinen Sessel, der sich langsam in einen demotivierenden faltigen Sack verwandelte. Ein langer Schnitt klaffte an der Seite. Verdammt!! Das war sein fast neuer Sessel aus echtem Behemothdarm. Der war teuer!
Meister Kafe hatte recht, an so einem Tag sollte man sich gleich hinlegen. Er lies sich vornüber auf sein Lager fallen und rollte sich zusammen.
Was für ein Tag.
Er schlief ein und träumte von Morgen.