- Arbeit in Hewieland -
Eine
dunkle, stürmische Neumondnacht. Zuckende Blitze erhellen nur für
Bruchteile von Augenblicken die eng zusammenstehenden Häuser und
Ställe des kleinen Ortes Waldsäckelbach. Die Straßen sind
menschenleer, nicht ein einziges Licht brennt. Etwas abseits des Ortes
ragt drohend die Feste des großen Lord Buhmann auf, des Herrschers
über Leben und Tod in Waldsäckelbach. Obskure metallene Gerätschaften
stehen von den Mauern ab und werfen unheimliche Schatten bei jedem Blitzschlag.
Hoch oben schimmert in einem einzelnen Fenster der schwache Schein eines
Kohlenfeuers, was die Feste wie eine unheimliche einäugige Spinne
erscheinen lässt.
Lord Margin Buhmann saß auf seinem Thron und starrte nachdenklich
in die glühenden Kohlen. Die eine Hälfte seines Verstandes brütete
über Plänen zur Vergrößerung seines Schatzes, während
die Andere sich sehr darüber aufregte, dass diese Unwetter ihn mit
Vorliebe beim Brüten über Plänen zur Vergrößerung
seines Schatzes störten. Das laute Knallen der aufgeschlagenen Tür
riss ihn aus seinen Gedanken. Junker Kongri stürmte mit hochrotem
Kopf in den Thronsaal, in seiner Hand hielt er eine frisch beschriebene
Pergamentrolle.
"Mein Lord! Mein Lord! Wir sind fertig mit dem Verpacken
der Gerätschaften und haben sie auch schon auf die Zordotrampler
verladen. Sie müssten dann morgen früh dort sein."
"Äh. Das hast Du gut gemacht, mein Junker. Aber
hast Du auch ein paar Leute zusammengestellt, die äh, das ganze Zeug
dort zur vollen Zufriedenheit des Imperators von Hewieland aufbauen?"
"Ja. Ich hab mir das so gedacht, und zwar: Die holde
Elbin In und ich, wir befüllen die Gerätschaften und Fahlah
von den Wiesen, der Starke, der Bezwinger der Zehn, Träger des Rinds
des Feuers undsoweiter blablabla geht durch und kontrolliert alles."
"Ah ja... ... ...und was ist mit dem Rumschleppen der
Kisten und dem Aufbauen der alchimistischen Gerätschaften?"
"Ach das... eine verfluchte Arbeit, für die eigentlich
sogar Sklaven zu schade sind."
"Ja, eine Scheißarbeit, aber Du wirst sie tun müssen,
mein Junker. Immerhin wirst Du auch dafür bezahlt."
"Hm."
"Hm."
Für einige Momente war nur das Heulen des Sturms zu hören, als
sich Buhmann und Kongri langsam mit der unangenehmen Wahrheit anfreundeten.
Auf einmal jedoch bildete sich ein kleines Schmunzeln im großen Gesicht
des mächtigen Lords. Es verbreiterte sich langsam aber stetig, bis
es über sein ganzes Gesicht verlief. Er hatte eine Idee.
"Junker, mir fällt etwas ein: Unsere Schergenpraktikanten
von der Fakultät sind doch jetzt wieder da..."
Jetzt befiel das Grinsen auch des Junkers Gesicht, während Margin's
Mundwinkel anfingen, wild zu zucken.
"Pffrrchhihihi... hahaha. HaHaHaHAHAHAAHHAAHAHAHAA!"
"Buahahah! HIHIHUHUHUHUHUHUHUHUHHAHAHAHAHAA!!"
"HOOOHOHAHAH
IHUHEHOHUIHE HAHAHAHA!!!"
"HIHIHIIIHIHIHUHIHIH
OHUHUHUHU HUUUUHUHUHUHUH HAHAHEHEHE!!!!!"
"HeHeHeHehehehehhahahah!!"
"HUAHHAHAHAHAHE HEHEHU HUHIHOHOHOHIHIHIIHHUHUHUHUHUH!!"
"HaHaHaHihihihi!"
"GO AHIHAH
OHAHOHAHOHAHOHAHO HUHIHIHIHUHUHUHUHUHEHE!!!"
"Hahahahehe."
"LIHUHOHIHIHIHA HEHAHOHAHAAHAAHAA HEEHEHHEHEHEEHEHE!!!"
"hahaha..."
"WOAHAHAHAHAHAHAHA HAHAHAHAHAHAHAHA HHEHEHEHIHO!!!!"
"Hah... hah..."
"PUHUHUHIHIHH OHOHO HAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAAA!!!"
"..."
"ZIIIIHHIHIHEHEHEEHEHE HAHAHAHAHAHA HUHUHUHUHUHUHUHI!!!"
"..."
"QUIHIHIHIHIHIHIHIH OHOHOHO HEHEHEHEHEHEHEHEHEHEHEHE!!"
"Junker..."
"DAHAHAHAHA HAHAHAHAHAHAHAH AHAHAHAHAHAHA HAHAHA!!!"
"Junker Kongri!"
"YIHAHOHIHUHUHI HOHHEHEHEHEHEHEHEHEH ÖHÖHÖHÖHÖHÖ!!!"
"JUNKER KONGRI!! GENUG JETZT!! ES IST NICHT MEHR
KOMISCH, VERFLUCHT!!"
"HAHaHahahaa... ...Entschuldigung."
"DANKE!!! So. Wir werden es so machen.
Schick einen Boten an das Clüm, und dieser Andere, der Neue... ...wie
hieß er noch gleich?"
"Düdürk. Der Schwarze Ritter."
"Ja. An den schickst Du auch einen Boten. Morgen in aller
Frühe vor Sonnenaufgang sollen sie die beiden aus den Betten werfen.
Nun hinaus! Ich muss denken!"
Kongri verlies den Raum mit einem Lächeln auf den Lippen. Leise schloss
er die schweren Eichentüren des Saals und lies seinen Herrn allein.
Doch auch Dieser konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Und bald
hallte erneut ein böses Lachen durch den großen Raum, das so
laut war, dass es sogar einige verängstigte Dorfbewohner gehört
haben wollen.
Doch auch auf die schwärzeste Nacht folgt ein neuer Tag... Und
die Dinge sehen gleich viel besser aus, wenn man sie bei Tage betrachtet...
Nein. Nicht diesmal.
Wildes Geschrei und Gepolter störten den dämmrigen Frieden
in der Behausung des Clüm.
"Aufmachen! Los, sofort aufmachen!"
Ein Schemen rollte sich aus einem Berg von Kissen, öffnete die Seitentür
und blinzelte in die frühe Morgendämmerung.
"...mmh?"
"Der große Lord Buhmann lässt Dir sagen, dass
Du in einer Stunde nach Hewieland aufbrechen wirst, um einige Arbeiten
zu erledigen. Als sein Scherge darfst Du nicht widersprechen. Ungehorsam
wird nicht geduldet. Fahlah von den Wiesen, der Starke, Bezwinger... ...Du-weisst-schon-wer
wird Dich dann abholen. Guten Tag! Und zieh Dir etwas an!"
"...hnnmmhm...grrm..."
Der Bote machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in den Morgendunst.
Etwa eine Viertelstunde lang passierte gar nichts, dann öffnete das
Clüm langsam wieder die Augen und reckte sich in den ersten Strahlen
der golden aufgehenden Sonne. Ein Dutzend Meter entfernt zog eine kleine
Bäuerin ihren Karren die Straße hinauf, wobei sie intensivst
glotzte. Seltsam. Die stierte WIRKLICH extrem. Das Clüm sah an sich
herunter. Oh. Natürlich. Die Kleidung.
Etwas später...
Eine
vornehm blaue Kutsche mit dem Wappen des Margin Buhmann fuhr auf den Hof.
Sechs brennende Rösser stiegen alle gleichzeitig laut wiehernd auf
ihre Hinterläufe, als sich langsam die Tür öffnete und
Fahlah majestätisch die Stufen herabschritt. Sein langes Haar wehte,
obwohl sich kein Lüftchen regte und mit einem kaum hörbaren
'ping' glitzerte sein Goldzahn in der Sonne. Unten angekommen zog er sein
perfekt poliertes Claymore, schwang es zweimal und deutete dann mit der
Spitze auf den Boden. Sofort standen die Flammenpferde still und gaben
keinen Mucks mehr von sich.
"Morgen, Fahlah!"
Hoki warf seinen Rucksack auf die Ladefläche der Kutsche und beobachtete
dann die seltsame Pose des Highlanders.
"Was sollte das?"
"Ein bischn angeben halt. Guten Morgen."
Er schob das Schwert zurück in die Scheide.
"Fahren wir."
Noch etwas später...
Düdürk lehnte an der Dorfkirche und beobachtete gelangweilt
die Hühner auf der Straße, als die sechsspännige königsblaue
Kutsche laut rasselnd neben ihm zum Stehen kam.
"Darf ich diesmal?"
"Na klar..."
Mit wirbelnden Klingen sprang ein felliges Etwas vom Dach der Kutsche,
die Reflexionen der Sonne auf dem blanken Stahl tanzten über die Häuserwände.
Mit einem Schrei stieß der Kämpfer eine der Klingen tief in
den Boden, die Andere hielt er über seinen Kopf. In diesem Moment
fingen alle Pferde an zu wiehern.
"Woaa! Nicht schlecht, nn?"
"Morrchn. Was war des dann?"
"Weng angeben halt. Morgen!"
Der Träger des Rinds des Feuers lehnte sich aus dem Führerhäuschen
und betrachtete die Szenerie.
"Was hast Du denn alles dabei?"
Er nickte in Richtung einer großen Kiste, die neben dem Schwarzen
Ritter stand.
"Mei Rüstung. Ohne die geh ich net weg. Und an Ersatzschwett.
Braucht ma imma."
"OK, drauf damit und los gehts."
Einige Stunden später, zu einer Zeit, zu der anständige Leute
langsam ans Aufstehen denken...
Sechs
flammende Hengste zogen das Gefährt der Drei in den Hof der Burg
des Imperators von Hewieland. Sogleich kam ein Diener herbeigerannt und
geleitete sie in das Arbeitszimmer des Hofmagiers Würgedran, einem
ewig jammernden Gesellen, dem die Unzufriedenheit förmlich ins Gesicht
geschrieben stand. Es gab allerdings etwas, das ihm ausgesprochen gut
gefiel: Zettel. Wobei der Informationsgehalt oder der Sinn eher nebensächlich
waren, es zählte der Zettel an sich. Ihm zur Seite stand sein Lehrling
Mull, ein strohblonder rotgesichtiger Bursche, der die jammernde Stimme
von seinem Lehrer schon angenommen hatte, ansonsten jedoch schien man
gut mit ihm arbeiten zu können. Würgedran ergriff das Wort.
"So. Da sait ihr ja endlich. Und was soll das? Da fehlen
ja die ganzen Zettel! Ich dachte, ich hätte ausdrücklich befohlen..."
Fahlah unterbrach ihn.
"Aber da hängen doch Zettel dran..."
"Hängen Zettel dran, hängen Zettel dran...
DAS GENÜGT NICHT! Hier! Was ist damit?"
Anklagend rieb er dem Bezwinger der Zehn eine kleine Kiste voll Pergamente
unter die Nase.
"Ja, die werden später an die arbeitenden Alchimisten
verteilt."
"Ja, aber..."
Er zögerte.
"...Aber... Ich werde mich noch mal mit Lord Buhmann
unterhalten müssen! Ich wollte die Zettel an den Kisten kleben haben.
So ist das doch nur Müll!"
"Ja? Was?"
"Dich meine ich nicht. So, fangen wir an..."
Junker Kongri und In, die Elbin betraten den Raum.
"So, mir sin da."
"..fangen wir an: Ich habe einige Zettel vorbereitet.
Hier..."
Er händigte den beiden Neuankömmlingen je eine Schriftrolle aus.
Kongri drehte und wendete sie argwöhnisch.
"Hm. Die Namen von den Lieblingsstuten des Imperators...
Was soll ich damit?"
"Agr! Das ist ein wichtiger ZETTEL! Hier noch ein Grundriss
der Burg und ein Rezept für Rippchen und eine Liste mit Namen, wer
neue Geräte bekommt. Da drüben ist der Lagerraum. Wir fangen
ganz oben an."
Der Schwarze Ritter und das Clüm schnappten sich einen Karren und
beluden ihn mit den zentnerschweren Kisten aus dem Lager.
"Wie siehtn eichntlich dea Imparatoa vom Hewieland aus?"
"Keine Ahnung, aber wenn er das auf den Wappen ist, dann
hat er eine große grüne Glatze, eine dicke rote Nase und zusammengewachsene
Spiegeleieraugen."
"Uääh!"
"Wahrscheinlich das Produkt generationenlanger Inzucht.
Das ist bei Königen und so üblich, habe ich gelesen."
Die Beiden fuhren mit dem Karren auf eine Plattform und wurden sogleich
von fünf Paar kräftiger Trollarme in die oberen Stockwerke des
Gemäuers gezogen. Würgedran wartete schon auf sie. Sein Gesicht
verriet äußerste Ungeduld, obendrein sah er aus, als würde
er gleich losheulen.
"Da said ihr ja endlich! Wir müssen hier vorsichtig
vorgehen, sonst arbeitet vielleicht jemand zu wenig. Da fangen wir an."
Ein von
vielen Chemikalien angefressener Finger wies den Weg zu einer buntbeklebten
Tür am Ende des Gangs, von der fröhlich schnatternde Stimmen
zu hören waren. Ein Frauenzimmer also. In den Köpfen der Schergen
Lord Buhmanns bildete sich langsam das Klischeebild eines Frauenraums mit
vielen Stofftierchen, Spielzeugen, Süßigkeiten und Häkeldecken.
Sie waren beinah überrascht, dass sich dieses Bild vollkommen bewahrheitete.
Düdürk und Hoki standen in der Tür und betrachteten gedankenverloren
die Anatomie der besser ausgestatteten Buchhalterinnen. Der Junker trat
von hinten an sie heran und gab beiden eine kräftige Ohrfeige.
"Net kuckn! Arbeiten! Loslos! Einer stellt oben die Destillatoren,
Kühler und Bunsenbrenner auf, der Andere verlegt die Schläuche
unterm Tisch."
"Brunsenpenner? Okäijj, wer macht was?"
"Wess net. Is mia woschd."
Das Clüm zog sein Messer und sah dann sein Gegenüber an.
"Dann kriechst du untern Tisch. Bist doch beweglich."
Einige Minuten später. Lautes Rumoren dringt unter den schweren
Eichentischen hervor.
"Ah! Au! Scheiße! Blöder Tisch, ich tret dich
zam!"
Derweil stand Hoki lächelnd auf dem Tisch und starrte hingebungsvoll
in den Ausschnitt einer blonden Frau.
"Zo. Wo soll ich den Brenner hinstellen? Hier? Oder lieber
hier? Wie hättest Du's denn gerne?"
"Das ist aber nett. Ich würde ihn gern hier hinhaben.
Geht das?"
"Aber selbstverständlich..."
Eine dicke Hand schob einen Schlauch durch eine Spalte zwischen den Tischen.
"Nimms Du jetz vielleichd ma den Schlauch an, oda was?!"
"Was? Du hättest gern eine von den leeren Kisten?
Aber immer doch! Die hier ist dreckich, ich hol mal eine saubere. Oh,
der Tisch ist krumm..."
Er schob den Tisch zurecht.
"AaaH! Mei Hand!"
Nach einer weiteren halben Stunde war die Arbeit in diesem Raum getan.
Das Clüm sprang vom Tisch.
"AAAhhHH!! Mei Knöchl!! Wahnsinnich, oda was?"
"Oh. Schuldigung. ...So, das wars. Und vergesst unsere
Magneten nicht."
Der Schwarze Ritter richtete sich auf.
"Hey, bei dea Blondn" , sagte er im Verschwörerton,
"dea kamma untam Rock bis hoch nach Ramis kuckn."
"Waas? Das muss ich sehn!"
Doch gerade, als er sich unter den Tisch hechten wollte, packte der Junker
beide am Arm und zerrte sie nach draußen.
"Ihr habt da fei viel zu lang gebraucht. So geht des
fei net. Schnappt euch den Waachn und macht die anderen drölf Räume.
Und mit weng Schpiehd diesma."
Fahlah trottete um die Ecke und rammte sein Claymore in eine der leeren
Kisten.
"Oh, Mann. Hiwimann in Hewieland.", seufzte er,
"Wie ich das liebe..."
Er zog eine Flasche Bier hervor, köpfte sie und trank. KonGri sah
ihn nachdenklich an. Er musste jetzt einfach fragen.
"Wie kommt man eigentlich zu so nem Namen?"
"Hm? Fahlah?"
"Nein, der ganze Rattenschwanz hintendran."
"Oh, das. Die Sachen hab ich mir so im Lauf der Zeit
erworben."
"Träger des Rinds des Feuers?"
"Hey, ich habe wirklich mal 'ne brennende Kuh getragen."
Hunderte von Bunsenbrennern und Destillatoren wurden an diesem Tag aufgestellt,
drei Dutzend Querulanten wurden abgefertigt, acht volle Kisten fielen
immer dann herunter, wenn Würgedran vorbeikam, drölfmal rollte
der Wagen über Düdürks Füße und fünf Dallen
wurden in die Wände der Hewie-Feste gefahren. Alles in allem ein
recht erfolgreicher Tag.
Auch der folgende Tag sollte den Ruhm des großen Buhmann mehren,
denn sogar Würgedran erlaubte sich ein winziges Lob an der Arbeit
der Fünf. Und so machten sie sich nach einem weiteren Tag harter
Arbeit auf den Rückweg. Düdürk und das Clüm lagen
ausgestreckt auf den Sitzen der Kutsche und ließen die vergangenen
Tage Revue passieren.
"Mann. Die Hewies waren sehr zufrieden mit uns, nichts...
...fast nichts ist zerstört worden, wir kriegen sogar Hewie-Magneten!
Vielleicht belohnt uns Lord Buhmann für so eine Leistung!"
Sie sahen sich an.
"Nie."
"Nie."
|